Wertverbesserung oder Vorteilsausgleich im Haftpflichtschaden

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Was bedeutet eine Wertverbesserung oder Abzüge „Neu für Alt“?

Die Begriffe Wertverbesserung oder Abzug „Neu für Alt“ lassen sich durch den Oberbegriff Vorteilsausgleich zusammenfassen. Sofern mit der unfallbedingten Reparatur eine Wertsteigerung oder Wertverbesserung des Fahrzeugs erfolgte, muss der Geschädigte einen entsprechenden Abzug von Reparaturkosten hinnehmen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn bereits Altschäden im Schadenbereich vorlagen oder Verschleißteile mit erneuert wurden.

Man geht davon aus, dass der Geschädigte durch die Instandsetzung des Schadens einen Vorteil hat, der durch die Minderung der Versicherungsleistung in Form eines Abzugs ausgeglichen wird.

Was ist der Hintergrund des Vorteilsausgleichs?

Laut deutscher Rechtsprechung muss der Geschädigte nach einem Schadeneintritt finanziell so gestellt werden, wie er es vor dem Unfall war. Er darf durch den Schadenersatz jedoch nicht besser gestellt werden. Es ist zum Beispiel nicht erlaubt, dass der Wert des Autos nach einer unfallbedingten Reparatur steigt.

Tritt im Rahmen der Instandsetzung jedoch eine Wertverbesserung ein, zum Beispiel durch die Erneuerung von Verschleißteilen wie Reifen oder Stoßdämpfern, wird diese Wertverbesserung bei der Regulierung des Gesamtschadens in Abzug gebracht. Somit wird der entstandene Vorteil durch den Vorteilsausgleich aufgehoben.

Was unterscheidet die Begriffe Abzug „Neu für Alt“ und Wertverbesserung?

Viele Sachverständige benutzen im Kaskofall den Begriff Abzug „Neu für Alt“ und sprechen bei einem Haftpflichtschaden wiederum von der sogenannten Wertverbesserung. Eine genaue Abgrenzung dieser beiden Begriffe oder eine Zuordnung zum Haftpflicht- oder Kaskoschaden ist aus unserer Sicht nicht richtig möglich.

Jedoch können beide Begriffe unter dem übergeordneten Begriff Vorteilsausgleich zusammengefasst werden.

Was ist eine Wertverbesserung?

Der Hintergrund der sogenannten Wertverbesserung ist, dass der Geschädigte sein Fahrzeug durch eine Reparatur aufwerten und ggf. besser weiterverkaufen kann. Denkbar wäre dies zum Beispiel durch im Rahmen der Unfallreparatur behobene Altschäden: Ihre Fahrzeugtür wurde unfallbedingt beschädigt und muss laut Gutachten erneuert werden.

Die Tür war jedoch zuvor bereits leicht verkratzt und stellenweise rostig. Durch die Reparatur wird dieser Altschaden mit behoben. Das Fahrzeug befindet sich nun in einem besseren Zustand als vor dem Schadenereignis und lässt sich leicher weiterverkaufen. Der Fahrzeugwert hat sich erhöht.

Was ist der Abzug „Neu für Alt“?

Der Abzug „Neu für Alt“ wird konkret auf ein Bauteil bezogen. Er wird berücksichtigt, wenn zum Beispiel Verschleißteile mit einem gewissen Abnutzungsgrad im Zuge der Unfallreparatur ausgetauscht werden und sich der Geschädigte somit Kosten einspart, die in Kürze auf ihn zugekommen wären.

Ein Beispiel hierfür: Im Rahmen einer Reparatur muss der beschädigte Reifen erneuert werden. Der Reifen war bereits stark abgefahren und hätte ohnehin in Kürze ausgetauscht werden müssen. Durch die Reparatur laut Gutachten wird dieses Verschleißteil erneuert.

Der Geschädigte hat sich somit den späteren Reifenaustausch gespart und einen finanziellen Vorteil erzielt. In solch einem Fall zieht der Sachverständige den Abzug „Neu für Alt“ bei der Gutachtenerstellung von der Schadenssumme ab.

Ob nun Wertverbesserung oder Abzug „Neu für Alt“: Beide Begriffe beschreiben letztendlich den Vorteilsausgleich, den der Sachverständige sowohl im Kaskofall als auch im Haftpflichtfall ausweisen und in Abzug bringen muss. So wird sichergestellt, dass sich der Geschädigte am Unfallschaden nicht bereichert.

Wie werden der Abzug „Neu für Alt“ oder die Wertverbesserung berechnet?

Für die Bemessung der Höhe des Vorteilsausgleichs ist ein Sachverständiger gefragt. Wenn er das Gutachten erstellt, beurteilt er, ob eventuell unreparierte Vorschäden oder Verschleißteile mit gewissem Abnutzungsgrad durch den Unfall mit instand gesetzt werden müssen.

Bei einzelnen Verschleißteilen berechnet der Sachverständige den Vorteilsausgleich, die Wertverbesserung hingegen muss er schätzen. Der Abzug bei Verschleißteilen wie Reifen, Stoßdämpfern oder Auspuffanlagen beschränkt sich ausschließlich auf die Materialkosten und wird je nach Abnutzungsgrad in Prozent bestimmt.

Beispiel für die Berechnung des Abzugs „Neu für Alt“ bei einem beschädigten Reifen:

Ein neuer Reifen hat 8 mm Profil und kostet 200 €. Der an Ihrem Fahrzeug befindliche Reifen hat nur noch 5 mm Profil. Laut Verschleißgrenze muss der Reifen bei einem Restprofil von 2 mm erneuert werden. Sie haben Ihren Reifen schon 3 mm abgenutzt (das entspricht 50 % der Nutzbarkeit eines Reifens). Durch den Unfallschaden wird dieser nun beschädigt und muss erneuert werden. Folglich haben Sie nach der Reparatur wieder einen Reifen mit 8 mm Profil und sozusagen 3 mm Profil von der Versicherung geschenkt bekommen. Rechnerisch bedeutet dies, dass der Sachverständige einen Abzug „Neu für Alt“ in Höhe von 50 % vom Neupreis (200 €) vornimmt, sprich 100 € abzieht.

Beispiel für die Schätzung der Wertverbesserung einer beschädigten Heckklappe:

Durch einen Unfall ist die Heckklappe derart beschädigt, dass sie erneuert werden muss. Wenn die Heckklappe z. B. vor dem Unfall Durchrostungen oder Beschädigungen aufwies und man diese durch die Erneuerung beheben würde, erfährt das Fahrzeug eine Wertsteigerung und wird besser verkauft. Hier ist der Sachverständige in der Pflicht, eine sogenannte Wertverbesserung zu schätzen und im Gutachten festzuhalten. Bei dem genannten Beispiel wäre z. B. eine Wertverbesserung von ca. 100 € denkbar.

Wann muss ein Vorteilsausgleich nicht berücksichtigt werden?

Ist beispielsweise die Lackierung im Schadenbereich aufgrund von Witterung und Alterung ein wenig ausgebleicht, muss in diesem Fall für eine neue Lackierung kein Abzug für den Vorteilsausgleich berücksichtigt werden. Der Geschädigte wird vermutlich durch die Neulackierung keinen messbaren Vorteil erzielen.
Ein weiteres Beispiel ist der Tausch einer Tür: Wird eine intakte Tür durch den Unfall beschädigt und muss in der Reparatur erneuert werden, gibt es für dieses Bauteil kein Argument für eine Wertverbesserung.

In beiden Fällen werden nur Bauteile verbessert, die nicht vorbeschädigt sind. Solange der Vorteil lediglich theoretisch vorliegt, sehr geringfügig ist oder aber zeitlich in weiter Ferne liegt, ist er nicht ausgleichspflichtig.

Sie haben Fragen zu den Themen Wertverbesserung, Abzug „Neu für Alt“ oder Vorteilsausgleich?
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Wertverbesserung oder Vorteilsausgleich im Haftpflichtschaden | Autor: Kfz-Gutachter Dipl-Ing (FH) Moritz Zwez | aktualisiert am